Protokoll des 26. Kolloquiums über die Anwendung der
Elektronischen Datenverarbeitung in den Geisteswissenschaften
an der Universität Tübingen vom 20. November 1982
Allgemeine Information
Mit den Tübinger Satzprogrammen sind bisher rund 250 Bücher mit zusammen etwa 80.000 Seiten produziert worden, davon etwa 20 kritische Editionen.Norbert Hofmann, Paul Sappler (Deutsches Seminar)
Erschließung und Katalogisierung von Lehr- und Anschauungsmaterial am Beispiel des Verzeichnisses der Video-Bänder der Neuphilologischen Fakultät
Seit mehr als einem Jahrzehnt ist zu beobachten, wie sich die traditionelle Literaturwissenschaft nicht-kanonisierter Literatur öffnet und neben der Trivialliteratur auch die vielfältigen Produkte der elektronischen Medien zum Untersuchungsgegenstand macht. Der Alltag des überwiegenden Teils der Bevölkerung ist heute durch eine weitgehende Kongruenz der Phänomene Kultur und Medienkultur gekennzeichnet. Dies hat soziale, politische und wirtschaftliche Konsequenzen. Ziel einer modernen Kulturwissenschaft muß es daher sein, Wirkungen und Einflüsse der elektronisch, vor allem durch das Fernsehen transportierten Inhalte auf die Einstellungen und das Verhalten der Zuschauer erklären und gegebenenfalls negative Auswirkungen durch medienpädagogische Bemühungen vermeiden zu helfen.Die Medienabteilung der Neuphilologischen Fakultät der Universität Tübingen trägt dieser erziehungspolitischen Herausforderung unserer Zeit dadurch Rechnung, daß sie für die verschiedensten Bereiche, von den Nachrichten bis zum Kinderfernsehen, von der Werbung bis zur Literaturverfilmung, den Forschern Serviceleistungen anbietet: Neben der Koordinierung von Forschungsstrategien, der Vermittlung ausländischer Forscherkontakte und dem Nachweis einschlägiger Literatur werden vor allem Videoaufzeichnungen aus dem öffentlichen Fernsehen gemacht, entweder auf direkten Wunsch oder vorsorglich für bestimmte Sammelgebiete. Der Forschungsbedarf ist steigend; zu den über 2000 archivierten Videobändern und -kassetten kommen jährlich mehr als 400 hinzu.
Erschlossen wird dieses Bandarchiv durch zweierlei Hilfsmittel:
- Einmal ist hier zu nennen ein jährlich erscheinender gedruckter Katalog, dem ein Titel-, ein Regisseur- und ein Namenregister beigegeben ist. Er wird seit etwa zwei Jahren aufgrund von Wirtschaftlichkeitserwägungen nicht mehr über Typenraddrucker, sondern über Lichtsatz hergestellt. Der gedruckte Katalog befindet sich in den Händen der Benutzer; dementsprechend wird bei ihm Präzision, Vollständigkeit und innere Konsequenz erstrebt.
- Zum anderen geschieht die Erschließung durch Schnelldruckerlisten, die teils in ihrem Aufbau dem gedruckten Katalog entsprechen, teilweise, vor allem bei einem Schlagwortverzeichnis, über ihn hinausgehen. Diese Listen werden öfter aktualisiert. Sie dienen dem internen Gebrauch und brauchen deshalb nicht in demselben Maß und derselben Art durchgearbeitet zu sein wie der gedruckte Katalog. Eine typische Funktion der Listen ist die, daß sie den fachkundigen Kräften der Medienabteilung als Unterlagen für die Beratung der Benutzer in schwierigeren Fällen zur Verfügung stehen, etwa bei der assoziativen Suche im Bereich unscharfer Sachthemen; diese Hilfe ist ungefähr in einem Zehntel der Benutzungsfälle zu leisten.
Die Daten, die im Katalog erscheinen sollen, werden gleichzeitig mit der Aufzeichnung einer Sendung für den sofortigen Zugriff auf Karteikärtchen festgehalten und später auf deren Grundlage maschinenlesbar gemacht. Von den Überlegungen, die die folgende maschinelle Verarbeitung bestimmen, sei nur weniges herausgehoben: Weil die Daten recht verschiedenartig sind und es keine Arbeitsnormen gibt, wie sie etwa die Arbeit des Bibliographen erleichtern, muß das Aufnahmeformat sehr flexibel sein. Damit nun aber bei der Vielzahl der möglichen Rubriken für den Bearbeiter der Zusammenhang mit den Registern durchsichtig bleibt und trotzdem nichts mehrfach aufgenommen werden muß, sind die Textteile, die in ein Register kommen sollen, mit Klammer-Codes markiert. Der Gefahr, die Aufnahme durch die Menge der Codes zu überlasten, wird durch folgendes Vorgehen begegnet: Die Registerklammern werden zunächst nicht mitgeschrieben, sondern bei der Umformung der Aufnahmefassung zur Arbeitsfassung ergänzt in den Rubriken, in denen sie zu erwarten sind; im Korrekturgang kann sich dann der Bearbeiter auf besondere Fälle und entstandene sinnlose Markierungen konzentrieren.
Fast die gesamte Datenverarbeitungsseite der
vorgestellten Erschließung von Videobändern stützt sich auf TUSTEP.
Diskussion
Die Datenerfassung und die Korrektur der erfaßten Daten erfolgt durch Hilfskräfte. Aus arbeitstechnischen Gründen werden die Daten zuerst manuell auf Karteikarten erfaßt, die dann als Vorlage für die Erfassung am Sichtgerät dienen.
Unter den Anwendungsmöglichkeiten der EDV für im weiteren
Sinn literarische Zwecke gehört die Herstellung von
Bibliographien zu den dankbarsten. Die wichtigsten Vorteile sind:
Mit der Programmierung steht die Codierung der Daten in
engem Zusammenhang. Hierfür sind zwei grundsätzlich
verschiedene Verfahren üblich:
Die minimale Codierung bei der
Freitexterfassung mag in einfachen Fällen eine
geringfügige Arbeitsersparnis bringen, doch müssen die
Eintragungen im endgültigen Wortlaut und mit allen
Interpunktionen erfaßt werden. Bei anspruchsvolleren
Projekten wird die Codierung, besonders durch
nachträgliche Erweiterungen, leicht kompliziert und
unübersichtlich. Bei analytischer Codierung können
dagegen die Elemente einer Eintragung in beliebiger
Reihenfolge erfaßt und die Interpunktionen und
Deskriptionszeichen zwischen den Feldern vom Programm
gesetzt werden; man kann auch nach Elementen auswählen
(sortieren, recherchieren usw.), die dafür ursprünglich
nicht vorgesehen waren.
Für die EDV-gestützte Katalogisierung in Bibliotheken sind
analytische Datenformate erarbeitet worden. Für das
hier vorgestellte Projekt bot es sich an, das Datenformat
des künftigen Katalogverbundes Südwest zu nutzen und
für bibliographische Zwecke abzuändern.
Das Datenformat benutzt einen dreistellig-numerischen
Code, z.B. 200 bis 209 für beteiligte Personen, 410 für
den Verlagsort usw. Neben den bibliographischen
Eintragungen im eigentlichen Sinn sind sechs
weitere Eintragungsarten vorgesehen, darunter
Überschriften und Registerverweisungen.
Die Einträge können
in beliebiger Reihenfolge erfaßt und später nach einem
mitgegebenen Sortierkriterium (Systemstelle,
Kapitelnummer) sortiert werden. Erfaßt wird entweder am
Sichtgerät oder mit einer Schreibmaschine mit
OCR-A-Kugelkopf. Auch die einzelnen Felder einer
Eintragung können in beliebiger Reihenfolge erfaßt werden.
Für die Erfassung gelten vereinfachte Konventionen
(Abkürzen häufiger Wörter, gemeinsame Erfassung gewisser
meist gemeinsam vorkommender Felder, z.B. im Erscheinungsvermerk;
Übernehmen des Zeitschriftentitels und anderer identischer
Angaben aus dem vorangehenden Eintrag bei der
Aufsatzerfassung). Querverweisungen innerhalb der
Bibliographie können bereits bei der Erfassung
vorbereitet werden; sie werden nach der Sortierung
automatisch auf die geltenden laufenden Nummern umgestellt.
Die Datenverarbeitung mit TUSTEP läuft in mehreren Schritten ab:
Der Referent hat als Test eine subjektive und
objektive Bibliographie Wilhelm Schickards hergestellt,
aus der er einige Seiten von Probebelichtungen in ein- und
zweispaltigem Satz vorlegte.
Friedrich Seck (Universitätsbibliothek)
Erstellung von Bibliographien auf der Basis eines universell verwendbaren Datenformats
I. Warum EDV?
Voraussetzung ist, daß geeignete Programme zur Verfügung stehen.
II. Welches Verfahren?
III. Das Datenformat
IV. Die Herstellung einer Bibliographie
Die in den entsprechenden Feldern
angegebenen Verfasser usw., Körperschaften und (soweit
gekennzeichnet) Sachtitel kommen automatisch in die Register;
Schlagwörter dann, wenn sie in besonderen Feldern
eigens angegeben werden. Die Register können auf
Bildschirm bzw. Schnelldrucker oder für den Lichtsatz
ausgegeben werden.
Diskussion
Bei der Entscheidung zwischen numerischem und mnemonischem
Code zur Kennzeichnung der Felder haben folgende Gründe
den Ausschlag für den numerischen Code gegeben: Es sind
einerseits immer dieselben wenigen Felder, die häufig
vorkommen und sich deshalb leicht einprägen.
Andererseits ist die Zahl der möglichen Felder so groß,
daß sich für die z.T. sehr ähnlichen Feldbezeichnungen
nicht genügend einprägsame Abkürzungen finden ließen.
Für die Verarbeitung müßten die mnemonischen Codes
außerdem u.U. maschinell in numerische verwandelt werden,
was die Verwendung zweier verschiedener Codes in
verschiedenen Bearbeitungsstufen zur Folge hätte.
(Die Kurzfassungen der Referate wurden von den Referenten zur Verf�gung gestellt.)
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Übersicht über die bisherigen Kolloquien
tustep@zdv.uni-tuebingen.de - Stand: 23. August 2002